„Vielleicht hilft Corona unseren Innenstädten langfristig sogar“

Offerista-CEO Benjamin Thym im Clutch-Interview (Bildcredit: Offerista Group)

Wie ist es um die Ladenkultur in Deutschlands Innenstädten bestellt? Die Coronakrise, der Lockdown und der damit verbundene rasante Wandel im Einkaufsverhalten vieler Bürger hin zu mehr Online-Shopping, entwickelt sich immer mehr zu einem vermeintlichen Schreckgespenst für die Politik und den stationären Handel. Das muss es aber gar nicht sein. Die Innenstädte sind noch lange nicht verloren. Es kommt nur auf die richtigen Konzepte, Ideen und die smarte Verbindung von On- und Offline-Angeboten an. Davon ist zumindest Benjamin Thym, Geschäftsführer von Offerista, überzeugt. 

Die Politik veranstaltet runde Tische und in den Medien sind immer häufiger Berichte zu sehen und zu lesen, dass die Innenstädte sterben. Ärgern Sie sich eigentlich, wenn Sie so etwas lesen? 

Benjamin Thym: Sie sind zum Teil ja gerechtfertigt. In einigen Lagen gibt es ja einen Frequenzrückgang, aber den gab es auch schon vor Corona. 

War die Pandemie also nicht der Auslöser für das Innenstadtsterben, sondern nur ein Beschleuniger? 

BT: Genau. Der Handel ist jetzt gezwungen, in wenigen Monaten vieles zu managen, wofür er ohne Covid-19 vielleicht fünf Jahre gehabt hätte. Man muss aber auch sehen, dass die Frequenzen ja nicht durch die Bank zurückgegangen sind, sondern für bestimmte Läden und Konzepte – und das dann oftmals auch zu Recht. Schließlich sind einige Einkaufserlebnisse noch immer wie vor Jahrzehnten.  

Was haben die falsch gemacht?  

BT: Wahrscheinlich haben sie zu wenig im Service-, Erlebnis- oder Gastrobereich getan. Tatsächlich haben wir längst genügend Ideen, die Innenstädte auch attraktiver zu machen. Die Herausforderung ist nun allerdings, dass Corona den Wandlungsdruck maximal erhöht hat. Und wie immer gilt dadurch: Lasse keine Krise ungenutzt. Vielleicht hilft Corona langfristig unseren Innenstädten dadurch? 

Wie sieht heute denn moderner Handel aus?  

BT: Ein Beispiel aus meinem Leben. Wenn ich mir ein neues Geschirrset kaufen will, dann will ich es als erstes einmal anfassen. Ich werde das schließlich 20 Jahre benutzen. Also gehe ich in einen Laden, fasse es an, betrachte es genau und nehme es mit allen Sinnen auf. Wenn ich das offline getan habe, würde ich das Set jetzt aber nicht mit meinem Rad auch nach Hause karren. Natürlich kaufe ich dann doch online.  

Was ist das Learning aus diesem Beispiel? 

BT: Der lokale Handel hat dem Hersteller einen unfassbaren Dienst erwiesen. Er bekommt jedoch nichts dafür, sondern nur der Online-Shop. Wir müssen also Wege finden, dass auch die stationären Geschäfte für ihre Leistung im Verkaufsprozess bezahlt werden. Vielleicht haben solche Geschäfte schon bald gar keine Kasse mehr. Sie hätten sich dann zu einem Showroom-Only gewandelt. In einem solchen Fall könnten die Hersteller die Läden dann pro Besucher bezahlen.  

Gibt es noch andere Szenarien? 

BT: Im Grunde gilt das für jede Warengruppe.  

Heißt: Wenn ich mir Sportklamotten kaufen will, müssten sich entsprechende Geschäft in eine Sport-Erlebnis-Area wandeln? 

BT: Genau. 

Was ist mit den schnelldrehenden Produkten? 
Da weiß ich gar nicht, ob die sich wirklich wandeln müssen. Supermärkte sind heute schon eine soziale Begegnungsstätte. Diesen Effekt könnten die Märkte wohl noch viel stärker umarmen und nutzen – selbst wenn die Händler das nie wollten. Eigentlich ist ihr Interesse, dass die Leute möglichst schnell aus dem Laden gehen.  

Wie kann Offerista dem Handel dabei helfen, dass die Innenstädte nicht sterben? 

BT: Angebotskommunikation ist ja schon immer relevant gewesen. In den vergangenen hundert Jahren gab es stets Angebote und es wird auch in hundert Jahren noch Angebote geben. Noch ist das alles aber total Print-lastig. Im Grunde ist in diesem Business seit Jahrzehnten nichts passiert – bis jetzt. Denn seit einiger Zeit geht es den Trägermedien nun immer schlechter, die Anzahl der Werbeverweigerer nimmt zu und auch aus Umweltschutzgesichtspunkten finden einige Konsumenten die gedruckten Hefte nicht mehr so geil.  

Genau an diesem Punkt kommen wir ins Spiel. Denn wir können dem Handel dabei helfen, Print-unabhängiger und flexibler zu werden. Die gedruckten Hefte haben lange Vorlaufzeiten. Das war gerade in der Corona-Zeit natürlich nicht hilfreich. Als es dann wieder zählte, konnten die Kampagnen nicht so einfach wieder hochgefahren werden. Zudem erreicht man jüngere und urbanere Zielgruppen mit gedrucktem Papier einfach nicht mehr so gut wie früher.  

Offerista kann das aber noch? 

BT: Wir können dem Handel helfen, lokal so zu werben, wie es der E-Commerce schon lange kann. Indem wir Techniken wie Retargeting oder auch Segmentierung ermöglichen. Wir können Angebotskommunikation heute sogar personalisieren.  

Warum ist das wichtig? 

BT: Weil im Moment oft noch mit der Bazooka auf die Konsumenten geschossen wird. Alle bekommen dieselben Angebote. Nur weil man in derselben Straße wohnt, ist man noch lange nicht gleich. Diese Unterschiede können wir erkennen und entsprechende lokale Angebote ausspielen. Das bringt eine ungekannte Effizienz. So können wir dem Handel Werkzeuge an die Hand geben, um gegenüber den E-Commerce wirklich aufzuholen.  

Über Offerista:  
Als Shopper Marketing Network bietet die Offerista Group GmbH individuell ausgerichtete, digitale Lösungen für standortbasiertes Angebots- und Filialmarketing. Mit Cross-Channel Kampagnen werden Werbebotschaften reichweitenstark über verschiedene nutzerrelevante Kanäle transportiert. 

Clutch-Redaktion