Showheroes: Ein Berliner Start-up zeigt den Medienhäusern, wie Video- und Content-Vermarktung funktioniert


Von Alexander Becker.

Bei Kindern ist es genau anders herum. Fragt man einen 9,5-Jährigen, wie alt er ist, sagt er ganz sicher: fast zehn. Fragt man Ilhan Zengin, wann er Showheroes gegründet hat, antwortet er: vor zweieinhalb Jahren. Dabei sind es fast drei Jahre. Warum macht er das? Weil sich das Company-Wachstum so noch größer anhört.

Dabei braucht der Berliner diesen Kniff gar nicht. Denn auch so ist das Start-up eine echte Erfolgsgeschichte – und das in dem Spannungsfeld zwischen Media- und Content-Business, einem der schwierigsten Gebiete, auf dem sich so manch ein global-agierendes Medien-Dickschiff bereits die Zähne ausgebissen hat.

Das Geschäftsmodell der Berliner basiert auf Video-Content, den sie selbst produzieren. Entweder auf Wunsch der Publisher oder auf eigene Kosten. Diese Filmchen laufen dann auf den Webseiten der Partner (überwiegend namhafte Medienhäuser), um sie möglichst ertragreich zu vermarkten. Auch dies übernimmt entweder Showheroes oder der Publisher selbst.  

Im Mediabusiness kennt sich Zengin, der zu dem Team gehörte, das Plista einst zu einer Erfolgsgeschichte machte, bestens aus. Er weiß um die Painpoints der Publisher und der Werbebetreibenden. So liefert er beiden Seiten wahlweise Content, Reichweite, genaue Zielgruppen sowie Vermarktungseinnahmen. Bei diesem Deal profitieren stets beide Seiten und Showheroes verdient immer mit.

Das Start-up, dessen Homebase in Berlin liegt, produziert seine mittlerweile fast 30.000 Videos fast überwiegend in Riga. In der lettischen Hauptstadt betreibt das Start-up ein zweites großes Office und gehört dort längst zu den größten europäischen Arbeitgebern aus der Digitalwirtschaft.

Kein Hero- sondern Evergreen-Content

Die Filme, die die eigene Kreativ-Werkstatt entwickelt, fallen prinzipiell in die Kategorie Evergreen-Content, denn News-Stücke verlieren zu schnell an Relevanz. Für Showheroes geht es darum Clips zu schaffen, die die Partner lange in ihre Webseiten einbinden können, die lange interessant bleiben, also gerne gesehen werden. Ist das der Fall, freut sich auch die Vermarktung.

Thematisch bedeutet das, dass die Show-Helden vor allem auf langlebige Inhalte wie Food, Health, Lifestyle, Tutorials und DIY setzen. Besonders wichtig: Alle Clips sind maximal mobil-optimiert und statt Sprache gibt es Texte. So lassen sich die Videos auch weit leichter in verschiedenen Ländern ausspielen. Trotz des Heroes im Namen, verzichten die Macher demnach auf Hero-Content. Im Vergleich zu vielen Medienunternehmen, die viel auf visionäres Storytelling setzten, geht es bei den Berliner um das Machbare und um Effizienz.

„Es war nie mein Lebensziel, Gründer zu werden oder etwas frischen Wind in das Media-Business zu bringen“

Das gilt auch für das Konzept des Start-ups. Es ist weniger künstlerisch wertvoll, dafür aber schlau und strategisch-stringent durchdacht, ganz so wie dessen Mastermind. Zengin baute bereits erfolgreich Plista mit auf und sagt doch von sich selbst gegenüber CLUTCH: „Es war nie mein Lebensziel, Gründer zu werden oder etwas frischen Wind in das Media-Business zu bringen“. Aber: „Es gehört schon zu meinem Naturell, dass ich sehr schnell verstehe, wie Dinge funktionieren und wie sie sich dann besser machen lassen. Mit diesem Mindset stößt du in klassischen Corporates sehr schnell und häufig an Grenzen. Daraus ergibt sich dann eigentlich schon automatisch der Schritt, der eigene Chef werden zu wollen.“

Hört sich rational an und weniger nach den Ich-will-die-Welt-retten-Allüren, die so manche Gründer vor sich hertragen, weil sie davon überzeugt sind, dass ihr Start-up die Gesellschaft verbessern könnte und es sich alleine deshalb schon durchsetzen müsste. Zengin will nichts reparieren, wie es so viele Start-ups für sich reklamieren, weder die Bankgebühren, die Wohnungssuche oder so vieles mehr, sondern einfach nur mit speziell produziertem Content dafür sorgen, dass Werbung besser wirkt.

Sich selbst bezeichnet er dabei als „Workaholic, der 365 Tage im Jahr, sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag, immer alles gibt“. Auch das ist für ihn eine fast schon logische Überlegung: „Man sollte seinen Job ernst nehmen, allein schon, wenn man sich vor Augen führt, dass man 49 Prozent seiner Lebenszeit auf der Arbeit verbringt. Wenn man sich das einmal bewusst macht, ist klar: Ich arbeite lieber an etwas, was mir wirklich Spaß macht, bevor ich die Hälfte meines Lebens verschwende“. Deshalb solle man im Büro auch nicht das Gefühl haben, dass es sich nur um Arbeit handelt. „Es soll Teil des Lebens sein. Denn das ist es ja auch.“ Für Zengin gibt es keine Work-Life-Balance. Alles ist eins.

Daraus folgt dann auch sein Ansatz, dass ein Unternehmen ein Ort sein soll, „an dem viele coole Menschen zusammen coole Sachen machen.“ Kurz: Eigentlich ist Zengin gerade dabei seinen eigenen Klub zu bauen.

Dieser Text ist Teil der neuen Serie #TechMadeInGermany
Bislang erschienen ist dabei unter anderem ein Stück über Lilium.

(Beitragsbild: Pixelanddot.com)

Clutch-Redaktion