Miese Gemütslage, trübe Aussichten: Die deutsche Wirtschaft blickt eher missmutig in die Zukunft. Der ifo-Geschäftsklima-Index, der die Stimmung in der deutschen Wirtschaft abbildet, sinkt und sinkt. Beim Thema Investitionen wird das offensichtlich: In Technologie-Start-ups fließt immer weniger Geld – international wie national. Eine Ausnahme bildet die Gesundheitsbranche. 2021 wurde in E-Health-Start-ups der DACH-Region laut einer Analyse von Speedinvest etwa so viel investiert wie in den gesamten zehn Jahren zuvor: rund 900 Millionen Euro. Kein Wunder, dass viele E-Health-Unternehmer:innen und Investor:innen hinsichtlich der Finanzierungsaussichten in ihrer Branche optimistisch sind. Die gute Stimmung belegt der „Digital Health Investment Monitor Deutschland“ des Spitzenverbands Digitale Gesundheitsversorgung (SVDGV).
Wie schafft es die E-Health-Branche, der Krise zu trotzen?
Während der Corona-Pandemie haben viele Menschen den Mehrwert von digitalen Gesundheitsangeboten erkannt. 45 Millionen Mal wurde die Corona-Warn-App heruntergeladen, digitale Impfzertifikate wurden eingeführt und Videosprechstunden verstärkt genutzt. Und da der Fachkräftemangel auch die Gesundheitsbranche betrifft, wird auch hier digitale Unterstützung immer wichtiger. Investor:innen haben längst die Chancen erkannt, die der deutsche E-Health-Markt bietet. Laut einer Recherche von Handelsblatt Inside Digital Health planen zum Beispiel die Kapitalgeber Wellington, Heal Capital und Earlybird Venture Capital, ihr Investitionsvolumen im laufenden Jahr im Vergleich zu 2021 zu halten. Und 75 Prozent der im „Digital Health Investment Monitor“ befragten Unternehmen und Investor:innen erwarten, dass sich der positive Trend in der E-Health-Branche fortsetzen wird. Kein Wunder, dass die Bereitschaft zu Investitionen hoch ist: 87,6 Prozent der befragten Investor:innen beurteilten die Investitionsbereitschaft insgesamt optimistisch, allein 18,8 Prozent als „sehr optimistisch“.
Warum der deutsche Markt so attraktiv ist
Das deutsche Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) spielt den E-Health-Unternehmen und Investor:innen in die Karten. Dank des Gesetzes gibt es in Deutschland eine Rechtsgrundlage für eine bessere Gesundheitsversorgung durch Digitalisierung. Das DVG ermöglicht zum Beispiel, dass Ärzt:innen Apps verschreiben können, die Patient:innen bei der Behandlung unterstützen. Die Apps sind somit erstattungsfähig – ein wichtiger Faktor für potenzielle Investor:innen, der mit der bevorstehenden Einführung erstattungsfähiger Digitaler Pflegeanwendungen (DiPA) auch den Pflegesektor betrifft.
Und auch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) macht Deutschland zu einem reizvollen Standort für E-Health-Start-ups. Denn Bund und Länder unterstützen die Digitalisierung von Krankenhäusern in den nächsten Jahren mit 4,3 Milliarden Euro.
Dabei kommt es den Venture-Capital-Gesellschaften und Business Angels gar nicht mal auf den Return on Investment an. Im „Digital Health Investment Monitor Deutschland“ nannten nur 6,3 Prozent der Befragten diesen als Investitionsgrund. Mit jeweils 68,8 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich) wurden „Interessante Start-ups“ und „Interessante Marktgröße“ am häufigsten genannt, „hohes Ausbildungsniveau“ kam auf 62,5 Prozent.
Angestrebt wird von den Start-ups natürlich eine langfristige Zusammenarbeit. „(Die Unternehmen der Branche) … setzen auf langfristige Partnerschaften mit Investor:innen, die ihre Überzeugung und den Anspruch, das Gesundheitswesen nachhaltig zu verbessern, teilen. Die digitale Gesundheitsbranche trägt so maßgeblich zu einer ganzheitlicheren, modernen Patient:innenversorgung bei und kann das Gesundheitswesen zusätzlich entlasten“, so Dr. Anne Sophie Geier, Geschäftsführerin des SVDGV.
DiGA und Digital Therapeutics sind die gefragtesten Segmente für Investitionen
Bei der Frage nach den attraktivsten Segmenten für Investitionen lagen sowohl bei den Unternehmer:innen als auch bei den Investor:innen die Segmente DiGA (Digitale Gesundheitsanwendungen) und Digital Therapeutics vorn. 62,5 Prozent der befragten Investor:innen fanden diesen Bereich besonders spannend, bei den Unternehmer:innen waren es sogar 74 Prozent. Im Rahmen der Studie hatten die Teilnehmer:innen auch die Möglichkeit, die interessantesten Technologien im E-Health-Bereich zu nennen. KI landete sowohl bei den Unternehmer:innen (85,7 Prozent) als auch bei den Investor:innen (87,5 Prozent) auf dem Spitzenplatz, gefolgt von Big Data und VR/AR.
Chancen nutzen
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für E-Health-Start-ups sind so attraktiv wie selten zuvor. Unternehmen und Investor:innen sollten diese Chance nutzen, um die Zukunft der E-Health-Branche entscheidend mitzugestalten.