Beitragsbild: Originalfoto: Philippe Rossier, modifiziert von Deepart.io im Stile von Vincent van Gogh
Der von Dr. Titus Brinker entwickelte Algorithmus hat in einem aktuellen Experiment Hautärzte bei der Diagnose von schwarzem Hautkrebs geschlagen. Nur sieben von 157 Medizinern schnitten besser ab als die künstliche Intelligenz, 14 erzielten gleich gute Ergebnisse. Dennoch ist sich der Assistenzarzt und Forscher am Nationalen Tumor Centrum (NCT) Heidelberg sicher, dass es seinen Job auch in 20 Jahren noch geben wird. Schließlich wisse er um die Naivität der von ihm erschaffenen KI.
„Einen Kaffeefleck auf meinem Kittel erkennt derselbe Algorithmus als Melanom, der gerade noch 136 Dermatologen bei der Hautkrebserkennung geschlagen hat.“
Für uns gehört er zu den wichtigsten KI-Köpfen der DACH-Region. Wir haben dem Experten Fragen zu seinem Schaffen und der Zukunft der Technologie gestellt.
Herr Brinker, an was arbeiten Sie gerade?
Ich arbeite an der genaueren Erkennung von schwarzem und weißem Hautkrebs durch „sehende“ künstliche Intelligenz (Computer Vision).
Ist KI ein Fluch oder ein Segen für unsere Gesellschaft?
KI ist aus meiner Sicht ein Segen, wenn sie sinnvoll eingesetzt wird: Als Assistenzsystem.
Wird es den Job, den Sie machen, in 20 Jahren noch geben?
Auf jeden Fall. KI wird mir helfen, meine Arbeit in Einzelbereichen besser verrichten zu können. Es ist ähnlich wie beim Autopiloten im Flugzeug: Bei gutem Flugwetter und häufigen Strecken ist das Assistenzsystem hilfreich. Bei schwierigen Landungen muss ein erfahrener Pilot hingegen Verantwortung übernehmen. Das kann ein Computer so allein nicht leisten.
Was müssen wir jetzt anpacken, damit wir in 30 Jahren glücklich mit KIs zusammenleben können?
Hype nicht mit Realität verwechseln. Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die in der Presse gerne oft mit „in Zukunft durch KI ersetzbar“ betitelt werden, sollte man in die Bewertung von KI einbeziehen. Ich habe in meinem Fach, der Dermatologie, oft auch auf die Ergebnisse meiner Forschung hin, diese Art Schlagzeilen gelesen. In der Dermatologie, und ganz sicher ebenfalls in vielen anderen Feldern, ist das aber auch in ferner liegender Zukunft absolut nicht zu erwarten. Das weiß ich, weil ich selber diese Algorithmen entwickle und die Naivität derselbigen kenne: Ein Kaffeefleck auf meinem Kittel erkennt derselbe Algorithmus als Melanom, der grade noch 136 Dermatologen bei der Hautkrebserkennung geschlagen hat. Algorithmen sind inselbegabt und helfen vordergründig bei repetitiven, sehr eng eingegrenzten Fragestellungen weiter. Die klinische Realität werden sie auch in Zukunft nicht gänzlich erfassen können.
Das Interview führte Andrea Bittelmeyer.
Das Beitragsbild haben wir übrigens von einer KI „malen“ lassen: Die KI von Deepart.io modifiziert Fotos im Stile großer Maler.
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