„Daten als Gemeingut anzusehen funktioniert nicht“: Was Digital-Experten vom SPD-Vorschlag „Daten-für-alle“ halten

Was Digital-Experten vom SPD-Vorschlag „Daten-für-alle“ halten (Bild: Klaus Knuffmann)

Wem gehören eigentlich meine Daten? Wer kann was und wann damit anfangen? Zukunftsfragen, die noch längst nicht geklärt sind, denen sich die Politik nun aber endlich anfängt anzunehmen.

Einen ersten Vorschlag legte gerade die SPD mit ihrem „Daten-für-alle“-Gesetz vor. Wenn es nach den Plänen der Sozialdemokraten geht, müssen größere Digitalfirmen künftig einen Teil ihres Datenbestandes mit ihren Wettbewerbern teilen. Laut den nun vorliegenden Plänen der SPD könnte künftig gesetzlich festgeschrieben werden, „dass Daten, die als Gemeingut anzusehen sind, grundsätzlich einer Nutzung zugänglich zu machen sind.“ Dazu zählten zum Beispiel Mobilitäts- und Geodaten, allerdings in „vollständig anonymisierter und aggregierter Form“.

Die Ideen der Sozialdemokraten stoßen in der Digital-Wirtschaft allerdings kaum auf Gegenliebe. Die Hamburger PR-Agentur Frau Wenk hat Einschätzungen von Digital-Experten und wichtiger Marktteilnehmer gesammelt.

Sven Lubek, Managing Director des Mobile-Advertising-Spezialisten WeQ Global Tech GmbH

Sven Lubek, Managing Director des Mobile-Advertising-Spezialisten WeQ Global Tech GmbH
Bild: Anna Wasilewski

„Data-Sharing ist grundsätzlich sinnvoll, jedoch haben anonyme Daten wenig Wert für die Werbeindustrie. Player wie Facebook und Google genießen den Vorteil, dass sie die Einwilligung des Nutzers haben, seine Daten zu nutzen. Das heißt, die Daten sind mit einer Person oder einer expliziten ID verknüpft, und genau das macht diese Nutzerdaten so wertvoll. Wenn Facebook, Google und Co. gezwungen werden, ihre Daten anderen Digitalunternehmen zugänglich zu machen, würden sie auch selbst dafür Sorge tragen, dass die Daten im Grunde unbrauchbar sind. Wie uneinsichtig Facebook beim Thema Daten ist, zeigt sich ja bereits an der Reaktion auf die Verordnung des Bundeskartellamts zur Nutzerdatenverarbeitung. Facebook wird gegen das deutsche Datennutzungsgesetz in Berufung gehen. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht mit der Zerschlagung der Monopole.“


Dr. Klaus Holthausen, Gründer und Verwaltungsrat, TEAL AI AG

Dr. Klaus Holthausen, Gründer und Verwaltungsrat, TEAL AI AG
Bild: Hendrik Wardenga

„Als überzeugter Sozialdemokrat kann ich die Gedanken der Genossen durchaus nachvollziehen. Allerdings ist es weder im Sinne der Wirtschaft noch der Forschung, wenn wir auf eine Planwirtschaft für Digitaldaten hinarbeiten. Aus der freien Wirtschaft entspringen derzeit einige spannende Datenallianzen und Forschungskooperationen zwischen verschiedenen Universitäten und Instituten sind weit vielversprechender für den Fortschritt als ein Daten-für-alle-Gesetz. Diese Initiativen sollte die SPD mit den richtigen Rahmenbedingungen und Förderungen unterstützen, statt sie künstlich zu regulieren.“



Thomas Kabke-Sommer, Geschäftsführer bei Crossplan / Audiocenter of excellence

Thomas Kabke-Sommer, Geschäftsführer bei Crossplan / Audiocenter of excellence
Bild: Crossplan

„Daten als Gemeingut anzusehen funktioniert nicht, letztlich gehören sie jedem einzelnen Nutzer. Entsprechend lässt sich eine Datenteilung auch nicht als Pflichtprogramm umsetzen. Trotzdem ist der Austausch von Informationen wichtig, besonders für die Beziehung von Content-Lieferanten und Plattformen. Denn egal ob es sich um journalistische Inhalte von Medienhäusern handelt oder Musikangebote von Radiostationen, nur mit genügend Daten-Insights können die Content-Produzenten ihre Inhalte optimieren und besser auf die Interessen der Nutzer zuschneiden. Am Ende wollen wir doch alle vor allem zufriedene Konsumenten.“




Claas Voigt, Geschäftsführer der Telekom-Tochter emetriq

Bild: emetriq

„Ich finde es klasse, dass die SPD das massive Problem der Marktmacht einiger weniger amerikanischer Unternehmen im Digitalbereich erkannt hat, und meint, es müsse etwas dagegen getan werden. Aber bevor wir überlegen, wie wir Großunternehmen zur Datenfreigabe zwingen, sollten wir bitte darüber nachdenken, wie wir erfolgreiche digitale Konzepte fördern, Data Sharing in der Praxis vorantreiben und konstruktiv an Lösungen arbeiten. Eine Kultur des Datenteilens entsteht nicht per Gesetz, genauso wenig wie ein Verständnis für Daten- und Plattform-Ökonomie und das brauchen wir in Deutschland dringend.“

Clutch-Redaktion