Interview mit Dr. Andreas Fruth von der Global Savings Group
Commerce Content ist längst zur geheimen Superkraft vieler Medienhäuser geworden. Mithilfe von Shopping Ratgebern, Produktvergleichen, Schnäppchenportalen oder Gutscheinangeboten sowie speziell recherchierten und aufbereiteten digitalen Inhalten, generieren einige Verlage mittlerweile bis zu 40 Prozent ihrer digitalen Einnahmen. Das zeigt, dass der Commerce Content längst eine wichtig Ertragssäule zur Sicherung von hochwertigem Journalismus ist.
Einer der weltweit wichtigsten Player in diesem Segment ist die Global Savings Group (GSG) aus München. Immerhin arbeiten die Bayern mit internationalen Top-Playern wie CNN, El Pais, Burda oder auch Le Monde zusammen. Im Interview mit Clutch-Online erklärt Gründer und Geschäftsführer Andreas Fruth was Commerce Content überhaupt ist und warum er gleich einen dreifachen Gewinn mit sich bringt: für die Medienhäuser, die Advertiser und die Nutzer.
Was ist Commerce Content?
Unter Commerce Content versteht man shopping-nahe, digitale Inhalte, die einem Nutzer bei einer Kaufentscheidung und den Werbetreibenden gleichzeitig aber auch beim Verkaufen helfen sollen. Die Besonderheit von Commerce Content liegt nun darin, dass diese Inhalte immer Teil einer Consumer Journey sind und den Nutzer eben nicht beim Konsumieren anderer Inhalte unterbrechen.
So wie es Bannerwerbung oder Content-Ads machen, wie wir sie von klassischen Nachrichtenportalen kennen?
Genau.
“Commerce Content liefert Inhalte, die den Nutzer gerade zum Zeitpunkt des Konsumierens interessieren“
Das müssen Sie noch etwas genauer erklären.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Einem Nutzer, der gerade einen Artikel über Sport liest, wird gleichzeitig ein klassisches Werbebanner angezeigt. Eine Situation, wie sie millionenfach pro Tag passiert. Allerdings interessiert sich der sportbegeisterte Leser zu diesem Zeitpunkt nicht die Bohne für die Reklame. Sie unterbricht ja nur die für ihn relevante User Journey. Folgerichtig sind Banner offline oder online weit weniger effizient als verkaufsfördernde Maßnahmen. Zudem haben sie zu dem vermehrten Einsatz von Ad-Blockern geführt. Im Gegensatz dazu liefert Commerce Content Inhalte, die den Nutzer gerade zum Zeitpunkt des Konsumierens interessieren.
Auch das müssen Sie näher erklären.
So liest ein Nutzer beispielsweise gezielt einen Produkttest, bevor er einen Artikel kauft. Wenn dieser Test nun ein Produkt empfiehlt oder auch nur dessen Eigenschaften (sowohl pro als auch contra) auflistet, leistet er einen Beitrag zur Kaufentscheidung und kann verkaufsfördernd wirken. Ähnlich verhält es sich mit digitalen Gutscheinen. Wenn ein Nutzer nahe an einer Kaufentscheidung ist, kann ein digitaler Gutschein nachweislich helfen, den Kauf wirklich abzuschließen, da er einen zusätzlichen Kaufanreiz schafft. Und Nutzer suchen aktiv nach solchen Gutscheinen vor einem Kauf.
Gab es Coupons nicht schon immer in gedruckten Zeitungen?
In der Tat, die ersten Coupons wurden bereits um 1900 in den USA in Zeitungen veröffentlicht. Coca-Cola war hier einer der Vorreiter, der schon früh deren Vorteile als Werbemaßnahme erkannte. So kann ein Gutschein direkte Verkäufe fördern, indem potenziellen Käufern ein starker Anreiz präsentiert wird. Zudem wirken sich Gutscheine aber auch positiv auf die Markenwahrnehmung aus.
“Seit Jahrzehnten nutzen Zeitungen und Magazine Ihre Reichweite um Gutscheine gezielt an ihre Zielgruppen zu verteilen”
Warum?
Ganz einfach: Eine Marke oder ein Händler, der einen Rabatt einräumt, wird meist als eine Brand oder ein Anbieter wahrgenommen, der seinen Kunden etwas Gutes tun möchte. Außerdem erlauben Gutscheine, sowohl in Print als auch im Digitalen, das gezielte Messen der Effizienz und des ROI der Werbemaßnahme.
Nicht zuletzt dieses Argument hat dazu geführt, dass Zeitungen und Magazine seit Jahrzehnten ihre Reichweite nutzen, um Gutscheine an ihre Zielgruppen zu verteilen. Das machen sie jedoch nicht nur als Werbeaktion, sondern auch über redaktionelle Inhalte, wie eben Commerce Content. Diese bereiten Zeitungen und Magazine seit jeher als Service an Kunden auf. Sei es in Form von Produkttests, Zeitungsbeilagen, Empfehlungen, Informationen über Rabattaktionen (wie beispielsweise den Sommerschlussverkauf) oder Erfahrungsberichten.
Das galt für Print. Wie sieht es heute im Digitalen aus?
Neu ist nun, dass sich diese Inhalte direkt mit einem Call-to-Action oder direkten digitalen Weiterleitungen zu einem Händler verbinden lassen. Die Distanz zwischen der Konsumierung eines shopping-relevanten Inhaltes und dessen Verkauf beträgt nur noch zwei Klicks.
Wie profitieren die Medienhäuser von Commerce Content?
Commerce Content ist eine noch vergleichsweise junge Form der Inhalte für Medienhäuser. Im Übergang von der Print- in die Online-Welt, haben sich die meisten zunächst auf die Übersetzung ihrer redaktionellen Inhalte in ein digitales Format sowie das zugehörige Geschäftsmodell des Verkaufs von Bannern fokussiert. Diese Strategie erwies sich allerdings als wenig nachhaltig. Trotz des signifikanten Zuwachses an digitalen Werbeausgaben, kommt davon kaum etwas bei den Medienhäusern an. Sinkende CPM-Raten im Display-Bereich und im Programmatic Advertising, bei gleichzeitig steigendem Einsatz von Ad-Blockern, lassen die Umsätze vieler Verlage auf vergleichsweise niedrigem Niveau stagnieren oder gar schrumpfen.
Daher haben inzwischen eigentlich alle großen Medienhäuser über die letzten Jahre eigene Commerce-Content-Strategien entwickelt. Hierbei kombinieren sie nun ihr Wissen über ihre Zielgruppen und ihre Erfahrung in der Erstellung hochwertiger Inhalte.
“Die Medienhäuser profitieren von den neuen, digitalen Umsatzströmen, die so entstehen”
Hier kommt nun die Global Savings Group ins Spiel?
Genau. Denn die Verlage profitieren von unserer langjährigen Erfahrung mit digitalen User Journeys sowie der Identifikation und Aufbereitung von Commerce Content.
Lohnt sich das dann für die Medienhäuser?
Sogar sehr. Sie profitieren zum einen von den neuen, digitalen Umsatzströme, die so entstehen. Zum anderen erweitern Sie ihr digitales Angebot um Inhalte, die sie in der alten Print-Welt schon immer zur Verfügung gestellt hatten. So können sie existierende Zielgruppen besser mit relevanten Inhalten versorgen und neue erschließen.
Nennen Sie doch bitte auch hier ein Beispiel.
Seit einigen Jahren berichten die deutschen Medien über den Black Friday, immerhin eines der wichtigsten Shopping- und Rabatt-Events überhaupt. Während die Online-Medien sich in früheren Jahren lediglich redaktionell mit dem Tag auseinandersetzten, können sie nun auch verstärkt direkt auf aktuelle Angebote und Rabattaktionen hinweisen.
Da die Leser auch Endkunden und “Shopper” sind, entsteht so die Möglichkeit, sie innerhalb eines Artikels von “Information” über “Inspiration” zu “Transaktion” zu führen.
Damit unterstützt und ermöglicht GSG doch in erheblichem Maße qualitativ hochwertige journalistische Inhalte, oder?
Commerce Content sind zunächst einmal shopping-nahe Inhalte, die gezielt zu Verkäufen führen sollen. Damit haben sie auch immer einen werbenden Charakter. Durch Commerce Content können Medienhäuser aber digitale Umsätze generieren, die bereits heute in manchen Fällen bis zu 40 Prozent der gesamten digitalen Einnahmen ausmachen können.
Das zeigt: In der Tat ermöglicht Commerce Content hochwertigen Journalismus. Allein schon, wenn man bedenkt, wie schwer es für Medien geworden ist, überhaupt Umsätze zu generieren. Tatsächlich gehört der Commerce Content für einige Medienhäuser zu den wenigen digitalen Wachstumsfeldern.
Mit welchen Medienhäusern kooperieren Sie?
Wir kooperieren mit einigen der größten Medienhäuser weltweit. In Deutschland arbeiten wir beispielsweise mit dem Spiegel oder Burda zusammen. In Frankreich mit Le Monde oder L’Express, aber auch mit den US-Giganten CNN und Business Insider.
Wir haben jetzt schon viel über die Verlage und ihre Leser gesprochen. Profitieren aber nicht auch die Advertiser ?
Tatsächlich profitieren die Werbetreibenden durch Commerce Content vorrangig durch zusätzliche Verkäufe. Wir helfen, Kaufentscheidungen signifikant zu beschleunigen und dabei, dass gute Inhalte zu neuen Verkäufen inspirieren. Das Besondere an unserem Ansatz: Da wir zusammen mit den Medienhäusern zum einen sehr hohe Reichweiten ansprechen können, zum anderen aber auch die Werbeinhalte in einem “Brand-save environment” präsentieren finden Advertiser diese Kooperationen besonders attraktiv. Verglichen mit anderen digitalen Angeboten, die oftmals kein attraktives Umfeld für Werbetreibende ermöglichen (wer sieht zum Beispiel gern seine Angebote bei der “gutscheinhexe”) schafft die Markenumgebung einer bekannten Zeitung zusätzlichen Wert für Werbetreibende. Daher sind sie in Kooperationen auch oftmals bereit, bessere Deals oder Gutscheine anzubieten als für den Rest des Marktes.
Setzen Sie dabei auf ein CPO-Modell?
Ja. Das heißt: Ein Werbetreibender zahlt einem Publisher eine Kommission, aber nur für erfolgreiche Verkäufe. Das macht das Modell sehr attraktiv, da man im Gegensatz zu Bannerwerbung oder Suchmaschinenmarketing keine Vorabausgaben hat, ohne zu wissen, ob ein Kunde dann wirklich auch zum Käufer wird.
Abhängig von der Art des Commerce Content bieten Gutscheine auch beste Brand-Effekte oder helfen beim Up- und Cross-Selling.
“Mit Deals und Gutscheinen sparen die Nutzer bares Geld beim Einkaufen”
Wie profitieren die Nutzer?
Gerade sie profitieren mehrfach. Mit Deals und Gutscheinen sparen sie bares Geld beim Einkaufen. Bei Tests, Vergleichen oder Empfehlungen erhalten sie zudem Unterstützung, eine fundiertere Kaufentscheidung zu treffen. Dem nicht genug, helfen wir ihnen mit unseren inspirierenden Inhalten, überhaupt erst interessante Produkte und Angebote zu finden.
Gerade bei Commerce Content Partnerschaften zwischen Medienhäusern und spezialisierten Anbietern wie der GSG haben Shopper den zusätzlichen Nutzen, dass sie von der hohen Qualität und der Kontrolle der Medienhäuser über die Inhalte profitieren.
Während die Teams der GSG-Experten gute Angebote identifizieren, aggregieren und aufbereiten, stellen die Verlagspartner sicher, dass die Qualität der Inhalte stimmt, Angebote und die Deals auch wirklich verfügbar sind und zur jeweiligen Nutzergruppe passen.
In unseren Partnerschaften wird eine intensive Zusammenarbeit gelebt, um das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. So werden dem Nutzer regelmäßig Inhalte zur Verfügung gestellt, die besser, ausführlicher und hochwertiger sind, als die von vergleichbaren Online-Angeboten, welche ohne solch eine Partnerschaft funktionieren. Das erklärt auch den hohen Erfolg von Commerce-Content-Partnerschaften zwischen spezialisierten digitalen Anbietern und Medienhäusern.
Gibt es einen Unterschied zu herkömmlichem Affiliate-Marketing?
Der Begriff “Affiliate Marketing” wird oft zusammen mit Commerce Content verwendet und steht eigentlich für eine CPO-basierte Abrechnung. Bei Commerce Content liegt der Fokus dagegen mehr auf den Inhalten, ihrer Qualität und wie diese mit der Consumer Journey verknüpft werden können.
Ist die GSG und ihr Business-Modell eine deutsche Idee?
Die GSG hat Ihren Hauptsitz in München, ist aber seit dem ersten Tag ein internationales Unternehmen mit Sitzen auf fünf Kontinenten und Aktivitäten in über 20 Märkten. Die Idee, enge Commerce-Content-Partnerschaften zwischen Medienhäusern und Spezialisten zu knüpfen, ist in der Tat vorrangig in Deutschland entstanden und verbreitet sich, nicht zuletzt aufgrund unserer internationalen Bemühungen, in den letzten Jahren verstärkt weltweit.
Gibt es international vergleichbare Angebote oder Konzepte?
Ja, in einzelnen Märkten aber auch anderen Bereichen, beobachten wir ähnliche Partnerschaften. So betreibt der Wirecutter (eine Tochter der New York Times) internationale Kooperationen im Bereich Produktempfehlung. Aber auch Expedia hat zahlreiche Partnerschaften, die einer ähnlichen Logik folgen, in den Bereichen von Hotels- und Reisebuchungen. Wir erwarten, dass das Interesse sowie die Umsetzung neuer Konzepte in den nächsten Jahren deutlich steigen wird. Gerade der Trend, nach dem Medienhäuser das Thema Commerce Content als eine strategische Säule ihrer digitalen Geschäftsaktivitäten identifiziert haben, wird hier ein starker Treiber sein.
Dr. Andreas Fruth ist Gründer und Managing Director der Global Savings Group (GSG), der weltweit führenden PubTech-Plattform für Commerce Content. Nach fünf Jahren bei McKinsey wechselte er zu Rocket Internet und gründete Lazada Vietnam, die größte Online-Shopping-Plattform in Südostasien. Im Jahr 2012 gründete Fruth gemeinsam mit Gerhard Trautmann und Adrian Renner die Global Savings Group.