Warum E-Commerce und Klimabewusstsein durchaus Hand in Hand gehen können, erläutert Melina Ex. Sie ist Co-Founder von Carby Box. Zuvor hat sie mit digitalen Start-ups in London, Beijing und Berlin gearbeitet und war zuletzt Managing Partner einer Digitalagentur in New York City. Carby Box hat sich der Klimakompensation verschrieben und vertreibt auf Amazon.com ihr gleichnamiges Produkt. Im Interview erzählt Ex, was sie antreibt und warum Amazon Alexa zum Klimaschutz beitragen kann.
Frau Ex, wir haben Sie in der ersten Printausgabe von Clutch porträtiert. Damals waren Sie bei der Mobile-Marketing-Agentur Fetch in New York. Jetzt haben Sie eine neue Firma gegründet namens Carby Box. Erklären Sie uns, was ist Carby Box?
Ex: Carby Box ist das erste Produkt, mit dem Einzelpersonen mit einem Klick auf Amazon.com klimaneutral werden können. So tragen sie mit ihrem Kauf zum Klimaschutz bei. Carby Box gleicht den durchschnittlichen amerikanischen CO2-Fußabdruck – 18 Tonnen pro Jahr, in Deutschland sind es 10 Tonnen pro Jahr – mit Carbon Offsets, also CO2-Emissionsausgleich, aus.
Aus welcher Idee heraus ist Carby Box geboren?
Ex: Den Entscheidungen der amerikanischen Regierung zu Themen wie Klimaschutz und Umwelt zusehen zu müssen – wie beispielsweise dem Rückzug aus dem Pariser Abkommen – ist ein Trauerspiel und frustriert viele. Darauf warten zu müssen, dass die US-Regierung sinnvolle Gesetze zum Thema Klimaschutz erlässt, ist ebenfalls keine Option. Carby Box ermöglicht es, den Menschen die Initiative zu ergreifen. Etwas zu tun, das über die allgemein bekannten Klimaschutzmaßnahmen hinausgeht, wie Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen oder ein umweltfreundliches Auto oder Fahrrad zu fahren.
Die CO2-Emissionsausgleiche stammen von Projekten von unserem Partner Wildlife Works in Kenia und dem Kongo, die Emissionen durch Abholzung verhindern und gleichzeitig die Lebensqualität der lokalen Bevölkerung durch Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung verbessern. Dieses spezielle Konzept ist eine Klimaschutzstrategie der UN, die darauf abzielt, Wälder zu schützen, die ansonsten zerstört würden und dadurch die Freisetzung von umweltschädigenden CO2-Emissionen zu vermeiden.
Warum braucht der Markt Carby Box?
Ex: Auf den ersten Blick hat ein Klimaschutz-Produkt vielleicht nicht viel mit einer Digitalagentur zu tun, aber gerade meine Erfahrungen im Digitalbereich und mit Themen wie User Experience und Nutzerverhalten haben mich auf die Idee für Carby Box gebracht.
Carbon Offsets, zu unterscheiden von Carbon Credits, sind kein neues Konzept. Ihr Zweck besteht darin, ein Projekt zu finanzieren, das CO2-Emissionen reduziert, die andernfalls ohne diese Finanzierung nicht entstanden wären. Eine sinnvolle Sache für all die, die ihren CO2-Fußabdruck noch mehr verringern wollen als sie es mit eigenen Verhaltensänderungen schaffen könnten.
Bisher erforderte der Kauf von Carbon Offsets in Amerika viel Recherche und Vorwissen. Außerdem war die User Experience meist schlecht. Mein Co-Founder Graham Majorhart und ich haben uns gedacht, wenn fast alles heutzutage mit einem Klick bestellt und nach Hause geliefert werden kann, muss es doch genauso einfach sein, damit einen extra Schritt für die Umwelt zu gehen.
Können Sie erste Erfolge/Meilensteine von Carby Box benennen?
Ex: Wir haben die bewusste Entscheidung getroffen, Carby Box auf Amazon.com einzuführen. Mit 160 Millionen Kunden allein in den USA ist es der größte Marktplatz des Landes und ermöglicht es uns, Carbon Offsets von den Nischen-Webseiten mitten in den Mainstream zu bringen. Carby Box ist seit Mitte März 2018 auf Amazon.com erhältlich.
Der digital innovativste Meilenstein ist Amazon Alexa. In den USA können Alexa Nutzer einfach „Alexa, order carbon neutral“ sagen und sie bekommen den Kauf von Carby Box von Alexa vorgeschlagen. Damit ist Carby Box die erste Klimaschutzmaßnahme, die per Sprachsteuerung umgesetzt werden kann. Carby Box wurde außerdem von Sustainable Brands als eine der Top 40 Innovationen zur Bekämpfung des Klimawandels ernannt. Etwas, dass uns persönlich wahnsinnig gefreut hat, war ein Anruf des zugehörigen Fachbereichs der UN, die uns zu Carby Box gratuliert haben. Die Reaktionen insgesamt sind sehr positiv und insbesondere die innovative Herangehensweise weckt viel Interesse.
Welche Pläne haben Sie mit Carby Box? Wollen Sie auch in andere Länder expandieren?
Ex: Wir haben erste Gespräche mit Firmen im Ausland begonnen, die Interesse an Carby Box als Geschenk für ihre Mitarbeiter, für ihre Stakeholder oder Konferenzteilnehmer haben. Dies wird voraussichtlich der erste Schritt einer internationalen Expansion sein.
Mit dem Kauf der Carby Box unterstützen Sie Klimaprojekte in Kenia und im Kongo. Ist es denkbar auch künftig nationale Projekte zu unterstützen aus dem Land, aus dem der Carby-Box-Käufer kommt?
Ex: Absolut. Es gibt viele verschiedene zertifizierte Carbon-Offset-Projekte, allerdings halte ich nicht alle für gleich sinnvoll. Wir haben diese aktuellen Projekte, die wir unterstützen, speziell ausgewählt. In den Regionen sind die Menschen so arm, dass sie in der Vergangenheit gezwungen waren, Wälder abzuholzen um ihre Nahrung und Schulgelder zu bezahlen.
Wir als globale Bevölkerung sind aber auf diese Altbestandswälder angewiesen, um CO2 aus der Luft zu filtern. Zum Vergleich sind in den USA nur noch wenige Prozent der Altbestandswälder vorhanden und das Land ist nicht auf deren Abholzung angewiesen.
Durch die Carbon Offsets wird den lebenden Bäumen in diesen armen Gebieten ein Dollar-Wert zugeordnet, mit dem Jobs, wie die der Ranger, aber auch Schul-Stipendien und andere Initiativen, bezahlt werden können. Jeder Dollar dort ermöglicht ein Vielfaches von dem, was beispielsweise in den USA mit dem gleichen Geld möglich wäre.
Vielen Dank für das Interview, Frau Ex, und viel Erfolg weiterhin.
Das Interview führte Anne-Kathrin Richter.
(Beitragsbild: Tina Demetriadis)