Alptracker hütet Herdentiere

Screenshot Alptracker Video

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„IOT“ steht in diesem Artikel ausnahmsweise nicht nur für Internet of Things, sondern auch für Internet of „Tier“. Denn der Hütehund bekommt digitale Unterstützung, wenn es um die Beobachtung von Herden im rauen Bergterrain oder auf abgelegenen Weiden geht. Getestet wurde zunächst in der Schweiz mit Schafen. Wir haben mit Torsten Bogner von der TECSAG gesprochen. Er ist Entwickler des Alptrackers, der gerade in Serienproduktion gegangen ist. Der Tracker wird am Halsband des Tieres befestigt und der Hirte kann so aus der Ferne via Smartphone-App oder PC die Bewegungen jedes einzelnen Tieres über das Low-Power-Wide-Area-Netzwerk verfolgen. Der Vorteil: geringe Kosten, geringes Gewicht und eine lange Betriebsdauer von 180 Tagen. Auf dem Weg zum modernen Herdenmanagement.

Thorsten Bogner tecsag alptracker
Clutch traf Thorsten Bogner, Managing Director bei der TECSAG, auf der Digital Business Preview im Februar 2017 in Hamburg. Damals war Alptracker noch ein Pilotprojekt. Bildquelle: Preview

Wie genau kam es zur Entwicklung des Alptrackers?

Bogner: In einem Gespräch mit Andreas Weber, dem Geschäftsführer des Technologiezentrums Schwyz TZS. Es stand zur Diskussion, ob ich auch ein Monitoring-System entwickeln könnte, das das Überwachen von Herdentieren erleichtert. Es waren vermehrt Anfragen von Herdenbesitzern und regionalen Verbänden beim Technologiezentrum eingegangen, die bisher keine adäquate Lösung finden konnten.

Seit wir uns im Februar getroffen haben, ist viel passiert. Ist der Alptracker pünktlich zu Beginn dieses Alpsommers in Serienproduktion gegangen?

Bogner: Das kann man so sagen. Der Serienstart des Alptrackers war offiziell am 19. Juni. Unsere ersten Funksysteme wurden bereits in Zermatt und Hosaas installiert. In den kommenden Wochen folgen weitere Installationen. Insgesamt haben wir bereits Zusagen für tausend Alptracker von Kunden aus der DACH-Region und Italien erhalten. Erste Kontakte gibt es auch aus Finnland für Rentiere sowie Schaf- und Rinderherden in Neuseeland. Im September werden wir die mobile Antenne als ergänzendes und innovatives Produkt vorstellen.

Design Alptracker_1
So sieht der Alptracker aktuell aus. Bild: Alptracker

Der Alptracker erfasst vielfältige Daten, Wetter, Temperatur, Feuchtigkeit und Bewegung. Was genau kann man an den Daten so alles ablesen?

Bogner: Durch Bewegungserkennung beispielsweise können neue Verhaltensstrukturen von Herdentieren gewonnen werden, die bis heute unbekannt sind. Auch das Brunftverhalten der Tiere durch steigende Körpertemperatur oder spezifisches Bewegungsmuster etc. sind messbar. Dadurch möchte man vermeiden oder frühzeitig erkennen, wann die Herde getrennt werden muss. Das Weidemanagement kann optimiert werden durch beispielsweise Auswerten spezieller Daten im Wachstum von Gräsern. Des Weiteren wird durch die Ermöglichung eines „digitalen Herdenbuchs“ das Herdenmanagement wesentlich vereinfacht, wenn nicht sogar revolutioniert.

Abgesehen vom Herdenschutz welche weiteren Anwendungsmöglichkeiten ergeben sind mit dem Tracker?

Bogner: Einsatzgebiete sind zum Beispiel im Servicebereich von Leasing-Objekten wie Office-Kombigeräte oder Kaffeemaschinen für Hotels und Gastronomie. Die Kaffeemaschine teilt über den Tracker mit, dass 5.000 Tassen erreicht wurden und ein Service der Maschine notwendig ist. Der Servicetechniker bekommt eine Nachricht und nimmt Kontakt für einen Servicetermin auf. Die Anwendungsgebiete sind schier unendlich. Dies sind nur Einblicke in ein paar konkrete Anfragen diesbezüglich an uns. Momentan arbeiten wir intensiv an der Evaluierung weiterer Einsatzbereiche zum Beispiel als Fahrradtracker oder in der Gebäudesicherheit.

Gibt es aus dem Pilotprojekt einen besonders schönen Moment mit dem Alptracker, den Sie mit den Clutch-Lesern teilen möchten?

Bogner: In der Feld- und Testphase des Alptrackers war für mich die Natur der größte Star. Diese eindrückliche Landschaft erleben zu dürfen, während wir auf der Suche nach den Herden waren, war unbeschreiblich. Auch das Verhalten der Tiere an sich in der Natur, wie sich das Muttertier um sein Lämmchen kümmerte oder der Schäfer, der äußerst naturverbunden und spartanisch seine Zeit weitab der Zivilisation verbringt, hat mich demütig werden lassen. Oder der Moment, als mich der Schutzhund auf der Alp von hinten etwas unsanft in den Allerwertesten biss. Das war nicht unbedingt schön, aber eindrücklich.

Vielen Dank für das Interview, Herr Bogner, und viel Erfolg weiterhin.

Alptracker Konzept
So funktioniert die Technologie des Alptrackers: Die Daten werden über ein Gateway auf einen Server mit Standort in der Schweiz übertragen. Dadurch wird ein stabiler Abruf der Daten auf allen mobilen Endgeräten ermöglicht. Die Reichweite einer LoRa-Antenne hängt von der Topographie der Umgebung ab. Bis 15 Kilometer im Radius werden mit diesem System erreicht. Somit ist eine Flächenüberwachung von über 700 km2 mit nur einem Funksystem möglich. Die Positionsbestimmung via GPS erfolgt standardmäßig alle 30 Minuten mit einer Genauigkeit von 15 Metern. Die LoRa-Stabantenne überträgt alle Daten über das autonome LoRa-Netz zur Basisstation. Ausgestattet mit zwei AA-Batterien wird eine Betriebszeit des Alptrackers von bis zu 180 Tagen im Dauereinsatz garantiert. Bild: Alptracker

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Aufgepasst: Clutch #2 kann übrigens hier bestellt werden. Erscheinungstermin unseres Printmagazins ist der 13. September 2017.

Das Interview führte Anne-Kathrin Richter, Projektleiterin von Clutch.

(Beitragsbild: Screenshot aus Promotion-Video des Alptrackers

Clutch-Redaktion